Gemälde

Katalog-Nr. 4381

Friedrich Schoen, "Die Auswanderer"

Blick ins ärmliche bäuerliche Interieur mit junger verzweifelter Familie am Ofen, über die bevorstehende Auswanderung nachsinnend, im Vordergrund schlummert ein Säugling im Körbchen einer ungewissen Zukunft entgegen, während die jungen Eltern am Tisch über einer Karte der Vereinigten Staaten von Amerika und einen mit "Schiffs-Accord" betitelten Auswanderervertrag einer Reederei ihren Gedanken nachhängen, Halt scheint den beiden Auswanderungswilligen der Glaube zu geben, so kniet die junge Frau im Gebet auf einem Betbänkchen, neben dem eine aufgeschlagene Bibel die "Sprüche Salomons" preisgibt, hier ist explizit der 11. Spruch Salomos "Wer seinen Acker bauet, wird Brods [sic.] genug haben, wer aber Müßiggang nachgeht, wird Armuths genug haben. ..." zu lesen und unterstreicht die Zweifel der Familie ob des Gelingens des Vorhabens, zu Füßen des jungen Mannes liegen auf dem Fußboden der offensichtliche Grund der Auswanderung – ein Bescheid über "Direkt-Steuern Oberhessen" und ein "Mahnzettel", illustrieren die dramatische wirtschaftliche Lage der Auswanderer, Schoen – Sohn eines mittellosen großherzoglich-hessischen Beamten – kannte bittere Armut aus eigenem Erleben und ergriff zeitlebens Partei für die Armen und Schwachen, so gelang ihm mit vorliegendem Werk eine ergreifend erzählerische, fein mit teils spitzem Pinsel festgehaltene akademische Genremalerei mit trefflich erfasster Stofflichkeit und effektvollem Licht, hierzu schreibt Müller-Klunzinger (1864) "... Er malte besonders nächtliche Scenen bei Lampen- und Feuerbeleuchtung, später auch sozialpolitische Gegenstände, wobei er feine Menschenkenntnis, ein hervorragendes Talent für Charakterfiguren, große Wahrheit in der Darstellung und gute Färbung zeigte ...", Öl auf Leinwand, links unten ligiert datiert "F.Schoen px. [pinxit = hat es gemalt] 1855", das vorliegende Gemälde ist bei Boetticher als eins von 24 wie folgt verzeichnet "16. Die Auswanderer, 1855, E [Eigentümer]: Cooperator Rabel, München - Münch. d. allg. u. histor. KA58 [gezeigt auf der deutschen allgemeinen und historischen Kunst-Ausstellung München 1858]", auf Grund der aufwendigen lasierenden Maltechnik, des kurzen Lebens und der notgedrungener "Brotarbeit" als Lithograph hat Schoen nur wenige (ca. 50) Ölgemälde vollendet, die größtenteils in kaiserlich-habsburgische, königlich-wittelsbachische bzw. herzoglich-darmstädtische Sammlungen gelangten, Craquelure, farbschwundrissig, doubliert, etwas restauriert, im sehr schön passenden neuzeitlichen Handvergolderrahmen gerahmt, Falzmaße ca. 112 x 87,5 cm. Künstlerinfo: eigentlich Friedrich Wilhelm Schoen, auch Schön, dt. Genremaler und Lithograph (1810 Worms bis 1868 Worms), 1826 Gymnasialabschluss in Worms, ab 1826 Lithographenausbildung in Darmstadt, 1830–32 Weiterbildung in Karlsruhe am Lithographisch-Artistischen Institut des Johann Velten, 1832–33 Studium an der Akademie München bei Peter von Cornelius, aus finanziellen Gründen Abbruch des Studiums und als Portraitzeichner bzw. Lithograph freischaffend in München tätig, 1835 Reise an den Rhein, ab 1837 entstehen erste Ölgemälde, beschickte ab 1837 die Ausstellungen des Münchner Kunstvereins und hatte sofort großen Erfolg, sein erstes Gemälde wurde umgehend vom Großherzog Ludwig II. von Hessen und bei Rhein angekauft. 1843 Reise nach Worms, 1850–53 eingeschränktes künstlerisches Schaffen wegen eines Augenleidens, hielt Kontakt zu vielen namhaften Münchner Künstlern und engagierte sich unter anderem als Jurymitglied im Prüfungsausschuss für die "Allgemeine deutsche Gemäldeausstellung in München" 1854, 1855 Reise nach Frankreich und Besuch der Weltausstellung in Paris, in den 1860er Jahren Aufenthalte in der Malerkolonie Willingshausen in der Schwalm, beschickte Ausstellungen in Karlsruhe, München, Köln, Darmstadt und Bremen, 1867 krankheitsbedingt Rückkehr nach Worms, vertreten in der Neuen Pinakothek München und der Gemäldegalerie Dresden, Quelle: Thieme-Becker, Saur "Bio-Bibliographisches Künstlerlexikon", Nagler, Matrikel der Münchner Akademie, Müller-Singer, Boetticher, Bruckmann "Münchner Maler des 19./20. Jh.", Seubert, Müller-Klunzinger, Brauksiepe, Schmaling "Künstlerlexikon Hessen-Caseel 1777-2010", Wollmann "Die Willingshäuser Malerkolonie ...", Bantzer "Hessen in der Deutschen Malerei", Schweers und Wikipedia.

Limit:
1800,00 €
Zuschlag:
3000,00 €

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