Gemälde

Katalog-Nr. 4300

Diptychon mit Passionsszenen um 1500

die beiden vorliegenden Gemäldetafeln stammen laut Vorbesitzerangaben aus dem Besitz der Köstritzer Linie des Fürstenhauses Reuß und zeigen zwei Szenen aus der Passion Christi, zunächst sehen wir Jesus im Garten Gethsemane, beim Gebet am Ölberg, es ist Nacht, Jesus ist sich seines Schicksals bewusst und obgleich er seine drei ihn begleitenden Jünger bat, für ihn zu wachen, sind alle in tiefen Schlaf gesunken, rechts neben Jesus sieht man die Söhne des Zebedäus, Jakobus und Jesu Lieblingsjünger Johannes, im Vordergrund schläft Petrus, seinen Kopf auf einen Stein gebettet, Jesus in der Bildmitte jedoch reckt seine Hände in Kummer und Gebet gen Himmel, um das von Gott – seinem Vater – ihm zugedachte Schicksal, in Gestalt eines Kelches auf hohem Fels zu empfangen, er hadert mit Gott und seiner Bestimmung, der er sich jedoch gehorsam zu unterwerfen gedenkt, so schreibt die Bibel im Matthäusevangelium (Mt. 26,36–42) „Darauf kam Jesus mit den Jüngern zu einem Grundstück, das man Gethsemane nennt, und sagte zu ihnen: Setzt euch und wartet hier, während ich dort bete. Und er nahm Petrus und die beiden Söhne des Zebedäus mit sich. Da ergriff ihn Angst und Traurigkeit, und er sagte zu ihnen: Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir! Und er ging ein Stück weiter, warf sich zu Boden und betete: Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst. Und er ging zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend. Da sagte er zu Petrus: Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen? Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Dann ging er zum zweiten Mal weg und betete: Mein Vater, wenn dieser Kelch an mir nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, geschehe dein Wille.”, geschickt verstand der Schöpfer vorliegender Szene, den Text der Bibel zu verbildlichen und ihn darüber hinaus mit sprechender Symbolik anzureichern, zunächst fällt den Betrachter der morbide Zaun mit dem geöffneten Gartentor ins Auge, er zitiert das Gegenteil des ”Hortus conclusus (verschlossener Garten)” – eben jenes Aufenthaltsorts von Jesu Mutter Maria, welcher um 1400 zum Paradiesgärtlein uminterpretiert wurde, Jesu Garten Gethsemane ist kein paradiesischer Ort – das Übel und die Laster dieser Welt hatten auch hier ungehinderten Zugang, darüber hinaus ist die formale Konstruktion der Szene interessant, der Fels, der Gartenzaun und nicht zuletzt die Gestalt des Petrus und des neben Petrus liegenden Säbels beschreiben einen Kreis, in dessen Mitte, einem Quell gleich, Jesus zu entspringen scheint, Jesus wird hier als geistiger und spiritueller Mittelpunkt dieser Welt verbildlicht, wie das Bibelwort (Johannes 4,14) ausführt ”Wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt.”, der neben Paulus ruhende Säbel indes geleitet den bibelkundigen Betrachter in die folgende Szene der Verhaftung Jesu, als Petrus im Handgemenge Malchus, dem Diener des Hohepriesters, ein Ohr abschlagen wird, die zweite Tafel führt in das Prätorium des römischen Statthalters Pontius Pilatus und zeigt die Dornenkrönung Jesu, im Zentrum der Darstellung thront der gedemütigte Jesus, während ihn die Schergen zum Spott in einen vermeintlichen Königsmantel kleideten, mit Dornenkrone und Binsenzepter ausstatten und verhöhnen, hierüber ist bei Matthäus (27,27–30) zu lesen ”Da nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus, führten ihn in das Prätorium, das Amtsgebäude des Statthalters, und versammelten die ganze Kohorte um ihn. Sie zogen ihn aus und legten ihm einen purpurroten Mantel um. Dann flochten sie einen Kranz aus Dornen; den setzten sie ihm auf und gaben ihm einen Stock in die rechte Hand. Sie fielen vor ihm auf die Knie und verhöhnten ihn, indem sie riefen: Heil dir, König der Juden! Und sie spuckten ihn an, nahmen ihm den Stock wieder weg und schlugen ihm damit auf den Kopf.”, die biblische Schilderung der Szene visualisierend, werden die Gesichter der Henkersknechte unmenschlich und zu Fratzen verzerrt wiedergegeben, beide Bildtafeln scheinen von ein- und demselben Maler gefertigt zu sein, dieser bediente sich einiger Kunstgriffe, um die Tafeln, den Ansprüchen der Zeit gemäß, gut ”lesbar” und die handelnden Personen allgemein erkennbar zu machen, so verwandte er z.B. für Jesus in beiden Gemälden, obgleich die Bibel in der Dornenkrönungsszene ein purpurrotes Gewand bezeugt, ein schlichtes dunkelblaues Gewand und folgt damit der Tradition spätmittelalterlicher Christusdarstellungen, Blau (vor allem Ultramarin) galt seinerzeit als eine der teuersten Farben, welche vornehmlich bedeutenden Sujets vorbehalten war, darüber hinaus war Blau die Farbe des weiten Himmels und der Unergründlichkeit der Meere und stand in der mittelalterlich-christlichen Farbensymbolik für die Vermittlung zwischen irdischer, himmlischer und göttlicher Sphäre und steht somit für die genuine Rolle Jesu, die Darstellung und Typisierung der einzelnen Protagonisten entspricht den Passionsdarstellungen der Zeit um 1500, die Entstehung der Tafeln dürfte, aufgrund der malerischen Ausführung, als auch der Form und Größe der Maltafeln, mit aus der Platte herausgearbeiteter Rahmung, im flandrischen Brügge vermutet werden, sie müssten somit durch einen Zeitgenossen von Hieronymus Bosch (1450–1516), Lucas Cranach dem Älteren (1472–1553), Hans Memling (1433/40–1494) oder Hans Holbein dem Älteren (1465–1524) gefertigt worden sein, charakteristisch für die Malerei der ausgehenden Gotik wie der Frührenaissance ist die Wiederentdeckung der Perspektive, bis zum 15. Jahrhundert entbehrten Gemälde oft jeder räumlichen Darstellung, erst Malerarchitekten wie Filippo Brunelleschi (1377–1446) und nachfolgenden Künstlern wie Leonardo da Vinci (1452–1519) in seinem ”Abendmahl” von 1495 oder Albrecht Dürer (1471–1528) in seinem Lehrbuch ”Underweysung der messung mit dem zirckel un richtscheyt” von 1525 gelang es, den Problemen der perspektivischen Darstellung auf den Grund zu gehen, unsere beiden Passionstafeln verdeutlichen auf frappierende Weise diese Entwicklung, während das ”Gebet Jesu im Garten Gethsemane“ noch perspektivisch wenig überzeugend gelöst wurde, kam bei ”Jesu Dornenkrönung” bereits die Zentralperspektive zur Anwendung, hierbei bediente man sich in der Anfangszeit gern schräg in den Hintergrund führender Linien, wie gliedernder Fußbodenkacheln, und unverhältnismäßig schräg gestellter Wände, nun ist es zum heutigen Zeitpunkt schwer rekonstruierbar, ob die beiden Tafeln ursprünglich zu einem kompletten Passionszyklus gehörten oder, wie vom Vorbesitzer durch Hörensagen überliefert, die Seitenflügel eines nicht mehr vorhandenen Altarschreins waren, da beide Tafeln rückseitig nicht gestaltet sind, ist eine derartige Verwendung jedoch eher unwahrscheinlich, wahrscheinlicher dürfte es sein, dass beide Gemälde ein Diptychon bildeten, so sind beide Tafeln nahezu deckungsgleich, die Aussparungen für die nicht mehr vorhandenen Scharniere liegen auf gleicher Ebene und auch die mittigen Löchlein auf den den Scharnieren gegenüber liegenden Seiten deuten auf Spuren eines ehemals vorhandenen Riegels hin, der beide Tafeln im zusammengeklappten Zustand zusammen hielt, ob nun beide Tafeln als Zweitverwendung aus einem Passionszyklus herausgelöst und zum Diptychon umgestaltet wurden, oder direkt für diesen Zweck geschaffen wurden, bleibt wohl ein Geheimnis des Objekts, geht man davon aus, mit vorliegenden Bildtafeln ein bis auf die fehlenden Scharniere vollständig erhaltenes Diptychon vorliegen zu haben, wirft die bildliche Darstellung weitere spannende Fragen auf, die weiterer Forschung bedürfen, so irritiert zunächst die ”falsche” Reihenfolge der Passionsszenen – bringt man den Scharnieraussparungen folgend, beide Tafeln an die ehemals zugedachte Position, erscheint mit der ”Dornenkrönung” links, in Leserichtung gesehen, eine spätere Passionsszene vor der rechts angeordneten früheren Szene ”Gebet im Garten Gethsemane”, einer weiteren eingehenden Betrachtung muss die Dornenkrönungsszene unterzogen werden, hinter Jesu und seinen Peinigern erscheinen rechts im Hintergrund zwei biblische Gestalten, welche als der römische Statthalter der Provinzen Judäa und Samaria Pontius Pilatus (links) und der jüdische Hohepriester Kaiphas (rechts) zu identifizieren sind, in zeitgenössischen Darstellungen dieser Szene fehlen beide vielfach, hin und wieder wohnt Pontius Pilatus der Dornenkrönung bei, ganz selten – wie z.B. in Holbeins des Älteren ”Grauer Passion” bzw. seiner ”Dornenkrönung” von 1501, dem Zyklus des ”Meisters der Karlsruher Passion”, wie dem Zyklus des ”Meisters der Kappeler Tafeln” – sind Pontius Pilatus und Kaiphas gemeinsam dargestellt, im vorliegenden Gemälde erscheint Pilatus im typischen orientalischen Gewand mit Gerichtsstab, den er zum Zeichen seiner Halsgerichtsbarkeit über Jesus hält, die Bibel berichtet, dass Pontius Pilatus sich schwertat mit dem Todesurteil über Jesus, als treibende Kraft hinter diesem Urteil standen der jüdische Hohe Rat mit seinem Hohepriester Kaiphas, die Jesus der Gotteslästerung bezichtigten, da dieser Rat jedoch nicht über die hohe Gerichtsbarkeit, das Urteil über Leben und Tod, verfügte, drängten sie den römischen Statthalter zu eben jener Verurteilung Jesu, somit ward Kaiphas meist hinter Pilatus stehend, als eigentlicher Grund der Verurteilung, verewigt, weit spannender als die Darstellung an sich, sind im vorliegenden Gemälde jedoch die Art und Weise der Darstellung des Kaiphas, gewöhnlich wird dieser mit - den antisemitischen Konventionen und Vorurteilen der Zeit folgend - ”typisch jüdischer” Physiognomie in würdevoller, doch nicht zuordenbarer Robe verbildlicht und mit seiner Rechten, seine Schuld abweisend, auf Pilatus zeigend dargestellt, ganz anders im vorliegenden Werk - Kaiphas Gesichtszüge sind füllig, jedoch keineswegs jüdisch karikiert und seine Kleidung besteht aus einer dunkelblauen, mit Hermelin verbrämten Robe und entsprechendem Pelzkragen sowie einer an einen Fürstenhut erinnernden Kopfbedeckung, nun wurden zu allen Zeiten Handelnde der Bibel oft in der zeitgenössischen Mode der Entstehungszeit der Malerei dargestellt, von Interesse dürfte in diesem Zusammenhang sein, dass noch 1530 die Reichskleiderordnung die Verwendung von Pelzen für Stände und Schichten regelte, so war das Tragen von Hermelin ausschließlich Kaisern, Königen und Fürsten vorbehalten, bleibt die Frage, warum wurde ein jüdischer, im christlichen Kontext negativ besetzter Protagonist des Neuen Testaments in fürstlicher Robe dargestellt?, betrachtet man die Figurengruppe Pilatus-Kaiphas, so erscheinen beide Figuren auf Grund ihrer Einordnung in die räumliche Konzeption, als auch ihrer malerischen Umsetzung als nachträgliche Hinzufügung zur ursprünglichen Bildkomposition, sowohl in der Erfassung der Physiognomie der Dargestellten, als auch der durch Licht und Schatten modellierten Plastizität der Kleidung bestehen augenscheinliche Unterschiede, auch im Bereich der Füße beider Personen ist das sonst im gesamten Gemälde korrekt durchkonstruierte Bild der Fußbodenkacheln nachträglich verändert worden, diese Beobachtung wirft weitere Fragen auf – kann es sein, dass diese Figuren zeitnah zur Entstehung der Tafeln der Komposition beigefügt wurden und wenn ”Ja”, warum?, eine mikroskopische Untersuchung durch Leipziger Restauratoren brachte auf erstere Frage vorerst keine schlüssige Antwort, bestätigt jedoch auf Grund der Alterungsspuren der Malschicht das hohe Alter der vermutlichen Ergänzung, weiteren Aufschluss würden perspektivisch zu veranlassende Infrarot- und Röntgenuntersuchungen bringen, die Untermalungen bzw. das Vorhandensein oder Fehlen von Vorzeichnungen sichtbar machen können, so ist die Annahme der späteren Hinzufügung der Pilatus-Kaiphas-Gruppe zunächst eine spannende, jedoch hypothetische Vermutung, bleibt die Frage nach dem ”Warum würde man diese Figuren in genau dieser Gestalt der Szene beigefügt haben?”, zur Beantwortung dieser Frage könnte ein Blick auf die geschichtlichen Ereignisse der Entstehungszeit der Gemälde weiterhelfen, die Bildtafeln dürften vor oder zu Beginn der Reformation entstanden sein – eben jener kirchlichen Erneuerungs- und Abspaltungsbewegung, welche 1517 mit Dr. Martin Luthers (1483–1546) legendären Thesenanschlag zu Wittenberg begann, offiziell bis zum Augsburger Reichs- und Religionsfrieden 1555 reichte, praktisch jedoch bis zum Ende des 30-jährigen Krieges 1648 währte, vor allem die frühen Jahre der Reformation waren geprägt von heftigen Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Karl V. (1500–1558) und der katholischen Kirche auf der einen Seite und den, von im Schmalkaldischen Bund vereinten lokalen Fürsten, unterstützten Protestanten um Luther auf der anderen Seite, so erfuhr Luther und die Reformation Unterstützung durch den sächsisch-ernestinischen Kurfürsten Friedrich III. den Weisen (1463–1525) und seiner Nachfolger Johann des Beständigen (1468–1532) sowie dessen Sohn Friedrich I. des Großmütigen (1503–1554), alle diese Kurfürsten sind mit bärtigem Antlitz überliefert, ihnen standen auf katholischer Seite der auf der Moritzburg in Halle an der Saale residierende Erzbischof von Mainz und mithin geistliche Kurfürst und Erzkanzler des Heiligen römischen Reiches Albrecht von Brandenburg (1490–1545), als ranghöchster geistlicher Würdenträger der katholischen Kirche auf deutschem Territorium entgegen, welcher stets bartlos dargestellt wurde, betrachten wir nun den im vorliegenden Gemälde der Dornenkrönung im kurfürstlichen Ornat wiedergegebenen, feisten, wie bartlosen Kaiphas und vergleicht seine Gesichtszüge mit denen Albrecht von Brandenburgs, ist auf Grund der Ähnlichkeit zu vermuten, dass mit dieser Figur Albrecht von Brandenburg gemeint sein könnte, eben jener, der aufgrund seiner, bei den Augsburger Fuggern aufgenommenen Kredite, sich eine für damalige Verhältnisse unglaubliche wie unzulässige Ämterfülle und Macht erkaufen konnte, eben jener Albrecht von Brandenburg, der trotz des christlichen Gelübdes der Armut und Ehelosigkeit mit Konkubinen in Luxus lebte und so den Widerspruch aufrechter Christen, wie des Augustinermönches Dr. Martin Luther heraufbeschwörte, eben jener Albrecht von Brandenburg, der im Schulterschluss mit dem römischen Papst Leo X. den Ablasshandel des Dominikanermönches Johann Tetzel (1460–1519) in seinem Herrschaftsbereich unterstützte, um 50 % der Einnahmen zur Tilgung seiner immensen Schulden zu verwenden und so nicht unwesentlich zum Ausbruch der Reformation beitrug, zunächst setzte sich der humanistisch gebildete Albrecht noch vermittelnd zwischen den religiösen Bewegungen ein und weckte kurzzeitig verhaltene Hoffnungen in Luther, Albrecht beteiligte sich jedoch bereits 1525 an der Gründung des antireformatorischen Dessauer Bundes und wurde nach seiner Vertreibung aus seiner Hallenser Residenz 1541 zum erbitterten Gegner Luthers und der Reformation, Albrecht avancierte zur Schmähfigur der Reformation, so argumentierte Luther im Angesicht der Bedrohung christlichen Glaubens durch die Türkenkriege (1521–1543), im Hinblick auf den Papst und die katholische Kirche, man möge zunächst den ”inneren Türken” besiegen und brandmarkte so Papst wie Türken gemeinsam als ”Antichristen”, betrachtet man nun das hier zum Diptychon gefügte Gemäldepaar vor den geschichtlichen Hintergründen der Entstehungszeit, findet man eine mögliche Erklärung für die Art und Weise der Darstellung, allgemein betrachtet, versinnbildlicht die links angeordnete ”Dornenkrönung” die Verhöhnung des Christentums, wie die rechts angeordnete Szene von ”Jesu Gebet im Garten Gethsemane” den unmittelbar bevorstehenden Verrat an Jesus Christus ankündigt, mit Einfügung der Figuren des Pontius Pilatus und des Kaiphas in die Dornenkrönung erfährt die Szene weitere Brisanz und benennt die im christlichen Verständnis wahren Schuldigen am Kreuztod Jesu, indem der Künstler nun Kaiphas die Gestalt Albrecht von Brandenburgs verleiht, identifiziert er ihn und die durch ihn vertretene Katholischen Kirche als eigentlichen Antichrist und Verräter am Christentum und erhebt subtile Anklage, so könnte auch die Haltung der rechten Hand des Kaiphas diese These stützen, gewöhnlich zeigt sie schuldzuweisend auf Pilatus, im vorliegenden Fall zeigt sie jedoch von diesem weg, über den Bildrand hinaus, auf die Gebetsszene Jesu im Garten Gethsemane, möglicherweise stellt so der Künstler eine Verbindung beider Szenen her, rechtfertigt so deren ”verkehrte” Anordnung und bringt Albrecht von Brandenburg mit dem von den Protestanten beklagten Verrat am Christentum in Verbindung, nun sind beide Passionsszenen per se eindrucksvolle wie kunsthistorisch wertvolle Zeugnisse religiöser Frömmigkeit, in Anbetracht der Tatsache, dass die protestantische Überformung überkommender katholischer Altar- und Bildwerke auf dem Gebiet der Reformation durchaus opportun sowie üblich war und sich die aus der Ikonographie der Tafeln ablesbaren Hypothesen bestätigen würden, stellte das Diptychon darüber hinaus ein spannendes wie seltenes Zeitzeugnis der reformatorischen Ereignisse des frühen 16. Jahrhunderts dar, fein lasierende Malerei mit wenigen, pastosen Effekten und schönem Licht, Öl und Eitempera über hellem Bolus auf Eichentafeln, mit zurückliegendem Malgrund und direkt aus der Platte gearbeiteter rahmender, vergoldeter Profilierung (Hohlkehle mit Wulst und abschließender schmaler Platte, oberen Rundbogenabschluss und zur Basis in einem Wasserschlag einlaufendem Profil), unsigniert und undatiert, beide Tafeln craqueliert, 2010 restauriert (Risse in den Platten geklebt, Malerei und Vergoldung gefestigt und angelegt, Fehlstellen im Rahmungsprofil, der Vergoldung und der Malerei retuschiert, Fotos der Restaurierung und knapper Restaurierungsbericht der Restaurierungsrechnung auf CD beigegeben), Abbildung je ca. 33,5 x 22,5 cm, Plattenmaße mit Rahmungsprofil je ca. 40,5 x 29 x 1,8 cm.

Limit:
8000,00 €
Zuschlag:
11000,00 €

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