Mathias Schmid, ”Der Widerspenstige Stiefel”
der Betrachter des Gemäldes wird Zeuge einer geradezu alltäglichen Szene, im kargen Interieur einer Tiroler Bauernstube, der Herr des Hauses hat sich auf der Ofenbank mit gebieterischer Geste niedergelassen, während sich seine Frau müht, dessen Stiefel auszuziehen, auch wenn dieser Begebenheit ein gewisser Humor eigen ist, stellt sie doch eine mit scharfem Blick erfasste Analyse der Geschlechterrollen ihrer Zeit dar, die Malerei verrät den Einfluss Schmids Künstlerfreundes Franz von Defregger und seines Lehrers Piloty, jedoch kann Schmidt in vorliegendem Werk seinen Charakter als Rebell gegen alles Bigotte und Opportune gleichwohl nicht verleugnen, im Bruch mit der hehren akademischen Historien- und Genremalerei seiner Zeit, schildert Schmid eine nebensächliche Alltagsszene ohne jeden Pathos, sein Malstil ist dabei, wiederum im Bruch mit akademischen Traditionen, eher flüchtig und skizzenhaft, jedoch gelingt ihm somit vorzüglich die räumliche Atmosphäre einzufangen und die Handlung pointiert zu schildern, hierzu schreibt Meyers Konversationslexikon 1888 Mit Tiefe und Wahrheit der Charakteristik verbindet er große Anmut der Formengebung und ein weiches, zartes Kolorit. und Boetticher ergänzt ”Mit scharfem Blick für die Vorzüge und Schwächen seiner Landsleute verbindet er das wärmste Mitgefühl mit ihren Freuden und Leiden und den mutigen Kampf gegen die geistlichen Herren, ihr Wohlleben und ihren Zelotismus. Fern aller Übertreibung sind die Darstellungen Mathias Schmid´s ein treues Bild tiroler Lebens, dem neben dem Ernst geschichtlicher Züge ein köstlicher Humor nicht fehlt.”, lasierende Genremalerei, Öl auf Leinwand, um 1900, links oben signiert ”Math. Schmid”, rückseitig auf dem Keilrahmen altes, teils getilgtes Etikett ”Mathias Schmid - Der Widerspenstige Stiefel ...”, minimal restaurierungsbedürftig, original im Goldstuckrahmen (Altersspuren) gerahmt, Falzmaße ca. 53 x 66 cm. Künstlerinfo: irrtümlich auch Matthias Schmidt oder Schmied, österreichisch-dt. Genre- und Historienmaler und Illustrator (1835 See bei Landeck im Paznauner Tal/Tirol bis 1923 München), ab 1850 Lehre bei Gottlieb Egger zum Tuifelemaler in Tarrenz, ab 1853 in München, hier 1853-56 als Vergolder in der Mayer´schen Hofkunstanstalt für kirchliche Kunst tätig, studierte ab 1856 an der Akademie München bei Hermann Anschütz, Johann Georg Hiltensperger und Johann von Schraudolph, unterhielt Freundschaft zu Franz von Defregger, zeitweise in Innsbruck tätig, 1858 zeitweise Rückkehr nach See in Tirol, 1863-65 mit landständischem Stipendium erneut Studien in München, tätig als Illustrator unter anderem für die ”Gartenlaube”, ”Ueber Land und Meer” und die ”Illustrierte Zeitung”, ab 1869 in München ansässig und bis 1874 Meisterschüler von Carl Theodor von Piloty, beschickte die Ausstellungen des österreichischen Kunstvereins sowie 1873 die Wiener und 1878 die Pariser Weltausstellung, 1888 Ernennung zum Professor der Münchner Akademie, 1896 zeitweilige Rückkehr nach Tirol und regelmäßige Sommeraufenthalte in Innsbruck und des Winters in Bozen, 1895 Ehrung mit dem Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens, Mitglied und zeitweise Vorsitzender der Münchner Künstlergenossenschaft, tätig in München, Quelle: Thieme-Becker, Boetticher, Wurzbach ”Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich”, Österreichisches Biographisches Lexikon, Dressler, Seubert, Müller-Singer, Matrikel der Münchner Akademie und Wikipedia.