Prof. Paul Haustein, Standuhr 1904 5000 €
1899 rief der kunstsinnige Großherzog Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt die “Künstlerkolonie Mathildenhöhe” in Darmstadt ins Leben, erklärtes Ziel war eine Belebung von Kunsthandwerk und Industrie sowie Überwindung des überkommenen Vokabulars des Historismus und Hinwendung zu zeitgemäßer, geschmackvoller und funktionaler Formensprache, hierzu berief er als erste Künstlergeneration Peter Behrens, Paul Bürck, Rudolf Bosselt, Joseph Maria Olbrich, Hans Christiansen, Patriz Huber und Ludwig Habich in die Künstlerkolonie, bis Mai 1901 kreierten die sieben Künstler anspruchsvolle Projekte mit Künstlerhäusern nebst Ausstattung, Ausstellungsgebäuden und Außenanlagen, vom Mai bis Oktober 1901 fand schließlich die erste vielbeachtete Ausstellung mit dem hehren Anspruch “Ein Dokument deutscher Kunst” statt, die weitestgehend mäzenatisch finanzierte Ausstellung endete trotz großer Aufmerksamkeit von Presse und Publikum mit hohem finanziellen Defizit, zu gewagt war die Modernität für eine wirtschaftliche Vermarktung bei breiten Publikumsschichten in damaliger Zeit, darüber hinaus konnte der Anspruch edlen Designs zur “erschwinglichen Preisen” vielfach nicht erfüllt werden - die qualitätvollen Schöpfungen waren meist kostspieliger Luxus, nach dieser ersten Präsentation verließen bis auf Habich und Olbrich alle Künstler die Kolonie und Ernst Ludwig engagierte 1903 als neue Mitglieder Paul Haustein, Johann Vincenz Cissarz und Daniel Greiner, aus den Erfahrungen der ersten Schau lernend, versuchte man nun das Kosten-Nutzen-Verhältnis bei guter Gestaltung zu optimieren, das Bauprogramm und die Werbung für die zweite Ausstellung 1904 - die nur auf Grund massiver Zuschüsse des Großherzogs stattfinden konnte - fiel bescheidener aus, die Künstler gestalteten die sogenannte “Dreihäusergruppe” nach Bauplänen von Olbricht - das “Blaue Haus”, das “Eckhaus” und das “Graue Haus [oder Hofpredigerhaus]”, Paul Haustein oblag es für das “Blaue Haus” und das “Eckhaus” Inneneinrichtungen zu entwerfen, für das “Blaue Haus” gestaltete Haustein die Einrichtung des Salons, für den er die hier angebotene Standuhr in dunkler Eiche entwarf und mit zwei seitlichen Vitrinen flankierte, die Einrichtung ist an Hand von erhaltenen Fotos (vgl. Katalog “Museum Künstlerkolonie Darmstadt”, Seite XXXVI) dokumentiert. Zu den ausführenden Firmen gehörte die Hofmöbelfabrik Ludwig Alter in Darmstadt, welche auch die anspruchsvollen Entwürfe Paul Hausteins, wie die hier angebotene seltene Standuhr realisierte - wobei bei der Umsetzung des Entwurfs Wünsche des Kunden Eingang fanden, so wurde die Uhr hier im warmen Braunton heller Eiche ausgeführt. Jugendstil-Standuhr, um 1904, zweigewichtiges Werk mit Halbstundenschlag auf Tonfeder, schlanker Korpus in heller Eiche mit Tür und facettierter Glasscheibe, Zifferblatt in Messing, umgeben von feiner Marketerie in Palisander, unten Schubkasten, Schubkastenschloss gemarkt “Ludwig Alter Darmstadt”, originale Messingbeschläge, Gewichte, Zeiger und Perpendikel, Uhrwerk fachgerecht generalüberholt und funktionstüchtig, Schlüssel des nicht verschlossenen Kastens fehlt, Abdeckung zum Schubkasten zur Verlängerung der Gangzeit des Uhrwerkes alt entfernt, Maße 199 x 40 x 24 cm.