Émile Gallé Teetisch „Sicut Hortus“ 1898
zweistufig, auf schräg gestellten geschweiften Beinen, passige Tischplatten, die untere mit Bronzegriffen, Nussbaum mit unterschiedlichen Edel- und exotischen Hölzern intarsiert, auf den Platten unterschiedliche Pflanzen, auf der oberen Platte auf der Fläche verteilt ein Zitat aus dem Alten Testament, Buch der Propheten (Jesaja, Kapitel 61 Vers 11) in Form einer „marqueterie de bois“ „SICVT HORTUS semen suum germinat, sic Deus germinabit Justitiam“ und Is für Isaiie (Buch Jesaia), in einer Kartusche signiert und datiert: Gallé anno D(omini) 1898, florale Griffe aus braun patinierter Bronze, ein identisches Exemplar befindet sich im Musée d`Orsay Paris, das Möbel befindet sich in sehr gutem Zustand, Maße: 83 x 89 x 63 cm. Lit. vgl.: Tillier, Émile Gallé Le verrier dreyfusard, Paris 2004, Nr. 8 sowie Ausst.-Kat. Émile Gallé, Jugendstilmeister aus Nancy, Badisches Landesmuseum, Karlsruhe 2005, Nr. 81. Info: Das Zitat aus dem Buch Jesaja wurde von Gallé bewusst als Appell an das mit dem Fall befasste französische Gericht mit Hinweis auf die laufende Verhandlung gegen den französischen General Alfred Dreyfus gewählt: „Wie im Garten die Saat aufgeht, so wird Gott die Gerechtigkeit aufkeimen lassen.“. Ein Exemplar dieses in kleiner Serie hergestellten Möbels war ebenfalls 2005 im Musée de l'Ecole de Nancy anlässlich der Ausstellung „Émile Gallé et l'affaire Dreyfus“ zu sehen. Weitere Dokumente zu dem Thema finden sich im Internet. Anmerkung: Die sog. Dreyfus-Affäre, mit einer Schlammschlacht von falschen Beschuldigungen wegen angeblicher Spionage, gegen den von rechtsradikalen und antisemitischen Teilen der Militärführung Frankreichs beschuldigten General Alfred Dreyfus spaltete Frankreich in zwei Lager. Zum einen die Befürworter der Anklage und zum anderen liberale und intellektuelle Teile der Bevölkerung, die den General für unschuldig hielten. Zu den letzteren (den sogenannten „Dreyfusards“) gehörte ganz vehement der Jugendstilkünstler Émile Gallé, der unter anderem mit dem Schriftsteller und Publizisten Émile Zola zugunsten von Dreyfus Stellungnahmen abgab. Darüber hinaus schuf Gallé während dieser Zeit spezielle Kunstwerke, in denen auf den falsch beschuldigten Dreyfus indirekt in Form von Gedichtzeilen oder Zitaten aufmerksam gemacht wurde. Dazu gehört dieser Teetisch ebenso wie zahlreiche geschnittenen Gläser mit Inschriften (sogenannte „verrerie parlante“).