Friedrich Dürck, Carlotta Freiin von Breidbach-Bürresheim
spätbiedermeierliches Halbfigurenbildnis der 21-jährigen Baroness mit Perlenkette, im herrschaftlichen schulterfreien Kleid aus weißem Seidendamast mit spitzenbesetztem Dekolleté, die schwarzen Haare gescheitelt und mit Rosen geschmückt, im sommerlichen Garten, Baroness Carlotta von Breidbach-Bürresheim, ab 1863 verehelichte Gräfin von Boos-Waldeck (1838 Biebrich/Rhein bis 1920 Abbazia) galt als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit und besuchte um 1859 als Hofdame im Gefolge der Großherzogin Mathilde von Hessen-Darmstadt den Hof König Maximilian II. von Bayern in München, bei dieser Gelegenheit begegnete ihr der im Zuge der Affäre um Lola Montez und den folgenden Märzunruhen 1848 abgedankte, der Erotik und Schönheit der Frauen verfallene König Ludwig I. von Bayern (1786–1868), der nicht nur in seiner Münchner Residenz eine Sammlung Portraits der schönsten Frauen der Zeit anlegte, sondern auch in Liebe zu der schönen Carlotta entbrannte, ihr mehr als 250 Gedichte widmete und der Baroness nach dem Tod seiner Frau Therese von Bayern (1792–1854) einen allerdings nicht erhörten Heiratsantrag machte, da nun sein Hofmaler und Schöpfer der Schönheitengalerie Joseph Karl Stieler 1858 gestorben war, beauftragte Ludwig I. seinen Neffen und Schüler Friedrich Dürck mit der Anfertigung eines Portraits der Angebeteten für seine Schönheitengalerie, offenbar fertigte Dürck bei dieser Gelegenheit mehrere Bildnisse von Carlotta – war Ludwig doch auch bei Stieler sehr kritisch, so dass dieser oft mehrere Varianten der Bildnisse fertigen musste, das hier vorliegende, 1859 entstandene Gemälde unterscheidet sich vom heute noch in der Schönheitengalerie in Nymphenburg verwahrten Portrait Carlottas aus dem Jahre 1861 durch eine sinnliche Nahbarkeit und einer wesentlich erotischeren Wiedergabe der Baroness, zeigt das Gemälde in Nymphenburg, der Staatsräson folgend, eine unnahbare, geradezu monumentale Frau vor edlem roten Grund, in einer weniger fraulichen, denn vielmehr einer römischen Toga gleichenden Robe, so begegnet uns im vorliegenden Gemälde eine anziehende, grazile junge Frau mit sinnlichem Lächeln und direktem verträumten Blick zum Betrachter, gekleidet in zarte Spitze und glänzende Seide, die hellen Arme und der weite Ausschnitt des ärmellosen wie schulterfreien Kleides unterstreichen die körperlichen Reize, während die Rosen im Haar den Liebreiz der Dargestellten noch steigern, auch der Hintergrund – ein sommerlicher Garten im Abendlicht spielt auf einen Ort amourösen Rendezvous an, fein lasierende Portraitmalerei mit wenigen pastosen Effekten und trefflich wiedergegebener Stofflichkeit, bereits 1836 rühmt das Künstlerlexikon Nagler den jungen Maler "... Dürck weiss seinen Köpfen charakteristischen Ausdruck zu ertheilen, und auch die Stoffe gut darzustellen.", gerade die Fertigkeit Dürcks, Perlen, Spitzen und glänzende Stoffe zu malen, veranlassten Stieler auch bei seinen eigenen Portraitschöpfungen, ihn wesentliche Teile beisteuern zu lassen, so schreibt Hyacinth Holland "... Mit Feuereifer warf sich Dürck auf die Oelmalerei und das Portrait und war bald so glücklich, dem Oheim bei dessen Bildnissen helfen und Spitzen, Perlen und Stickerei malen zu dürfen. So ist beispielsweise der volle Schmuck und die überladen reichen Details auf den lebensgroßen, in ganzer Figur und im Königsornate dargestellten Bildnissen der Königin Therese und des König Ludwig I. (Schleißheim) von Dürck, welcher dabei seinem berühmten Oheim Stieler mit nicht unerheblichen Handleistungen beistand. ...", Öl auf Leinwand, rechts unten signiert und datiert "F. Dürck 1859", rückseitig auf dem Keilrahmen Info zum Künstler, randdoubliert, etwas reinigungsbedürftig, im Goldstuckrahmen gerahmt, Falzmaße ca. 73,5 x 58,5 cm. Künstlerinfo: irrtümlich auch Fritz Dürk, einer der bedeutendsten und gesuchtesten deutschen Portrait- und Genremaler sowie Lithograph (1809 Leipzig bis 1884 München), Kindheit in Hubertusburg, studierte zunächst an der Akademie Leipzig bei Veit Hanns Schnorr von Carolsfeld, ab 1822 Privatschüler seines Onkels Joseph Stieler (1781–1858) in München, studierte 1823–29 an der Münchner Akademie, anschließend bis 1829 Gehilfe und Kopist Stielers, Malaufenthalte in Hubertusburg (1826), in Oberbayern und in den Alpen sowie 1833 in Wien, beschickte ab 1828 Ausstellungen, 1836–37 Italienreise und Aufenthalt in Genua, Livorno, Pisa, Siena, Rom, Neapel, Amalfi, Sorrent, auf Capri, in Ischia, Pompeji, Pozzuoli, Manfredonia, Triest, Venedig, Parma, Bologna, Verona und in Florenz, anschließend freischaffend als Portraitmaler in München, 1840 in Dresden, schuf Werke im Auftrag des Münchner Hofes wie Portraits der bayerischen Könige Ludwig I. und Ludwig II. und unter anderem zwei Werke zur Ergänzung der "Schönheitengalerie" seines Onkels auf Schloss Nymphenburg, weilte 1849 auf Einladung des schwedischen Königshauses in Christiania, Stockholm sowie auf Schloss Gripsholm und fertigte Portraits der Königsfamilie, 1851 Reise nach Paris und Brüssel, anschließend Portraitmaler am Hofe des Fürsten von Thurn und Taxis, 1852–53 in Meran, schuf 1854 als Portraitist am Wiener Hof Bildnisse von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth (Sissi) von Österreich, 1858 als Portraitmaler am Hof in Weimar, ab 1860 Hinwendung zur Genremalerei, 1867 zum Ehrenmitglied der Münchner Akademie ernannt, tätig in München und regelmäßige Sommeraufenthalte am Starnberger See, am Rhein und an der Nordsee (Sylt), Quelle: Thieme-Becker, Saur "Bio-Bibliographisches Künstlerlexikon", Hyacinth Holland in "Allgemeine Deutsche Biographie", Bruckmann "Münchner Maler des 19./20. Jh.", Müller-Singer, Seubert, Boetticher, Bénézit, Nagler und Wikipedia.